On the wrong side of history

Das sagt die Journalistin Carole Cadwalladr¹ in Ihrem TED-Talk² und meint damit Facebook. Nicht erst seit dem Cambridge-Analytica-Skandal³ ist es erwiesen, dass die sogenannten “sozialen” Medien alles andere als sozial sind. Sie sind Katalysator für Hass und Rassismus⁴, geben radikalen und extremistischen Positionen mehr Reichweite, halten sich nicht an Gesetze⁵ und verhindern einen öffentlichen Diskurs⁶. Sie stehen unseren gesellschaftlichen Werten diametral entgegen.⁷

Frei von Kontrolle und im Nebel der Intransparenz nehmen die sogenannten sozialen Medien keine Rücksicht auf menschliche Schicksale. Reichweite und Zielmaximierung stehen über dem Gemeinwohl der Menschen. Fake-News verbreiten sich bis zu sechs mal schneller als faktenbasierte Tatsachenberichte.⁸ Selbst US-Präsident Joe Biden nahm kein Blatt vor den Mund, als er zum Umgang der sogenannten sozialen Medien mit Covid19-Fehlinformatonen gefragt wurde:⁹

They’re killing people.

Deutlicher wird das an den langfristigen Schäden, die im Nachhinein in Statistiken auftauchen. Zuckerberg, Sandberg, Page, Brin und Elon Musk sind mitverantwortlich für den disproportionalen Anstieg von Suizidraten junger Mädchen in den USA.¹⁰ Mädchen wie zum Beispiel Amanda Todd¹¹ oder Jessica Scatterson¹². Ärzte und Fachleute sehen eine Korrelation zum dem Konsum der sogenannten sozialen Medien.¹³

Social media use is more strongly associated with depression in girls compared with boys and cyberbullying is more closely associated with emotional problems in girls compared with boys.

Weitere Studien und Umfragen für den deutschsprachigen Raum finden sich auf der Website der Initiative “Schau hin”.¹⁴

Menschenexperimente

Seit den geleakten Unterlagen der Whistleblowerin Frances Haugen¹⁵ wissen wir: Die Verantwortlichen bei Facebook, Twitter & Co kennen die Auswirkungen¹⁶ während sie gleichzeitig öffentlich alles daran setzen es abzustreiten¹⁷.

Facebook and Instagram’s algorithms - which tailor the content that a user sees - were causing harm.

Seit mindestens 10 Jahren wird “psychographic messaging“ betrieben. Das sind nichts anderes als Menschenexperimente durch Einblenden, Weglassen oder repetitives Anzeigen von Inhalten. Millionen von Menschen werden so täglich ohne Ihr Wissen manipuliert. In gezielte Abhängigkeit mit Ihrem Smartphone geführt¹⁸. Ein Suchtverhalten, versteckt hinter Euphemismen wie “Engagement” oder “Interaktionen”. Die psychografischen¹⁹ Merkmale dazu kommen aus den persönlichen Verhaltensdaten.

Als die ersten Studien 2014 im wissenschaftlichen Peer-Reviews das Licht der Öffentlichkeit erreichten, zwang die Empörung Sandberg noch zu einer Entschuldigung²⁰. Nicht für die Experimente an sich - für die angebliche mißglückte Kommunikation.

Die Netflix-Dokumentation “The Social Dilemma”²¹ beschreibt die zugrundeliegende Mechanik:

• Die Abhängigkeit und Nutzungszeit durch nützliche Tools und Dark Patterns wie z.B. “continue scrolling” erhöhen.
• Sicherstellen, dass Menschen immer wieder zurück kommen und andere Freunde mitbringen.
• Teilnehmende Unternehmen und deren Werbeanzeigen monetarisieren.

Datenschutz schützt Menschen

Nach Vorlaufzeit und Ermahnungen macht der oberste Datenschützer bei uns jetzt ernst. Zumindest die von ihm zu verantworteten Behörden dürfen keine “Fanpages” mehr auf den sogenannten sozialen Plattformen betreiben.²²

Das BfDI hält den datenschutzkonformen Betrieb von Facebook-Fanpages nicht für möglich.

Es grenzt an Parodie wenn das Bundespresseamt hier eine richterliche Klärung ersucht²³. Gleichzeitig aber die Bundesverwaltung auf Ihren Diensthandys soziale Medien und insbesondere TikTok verbietet.²⁴ Die Bundestagspräsidenten Bärbel Bas dazu:²⁵

Man muss sich bewusst machen, dass die Daten möglicherweise missbraucht werden. Die Server stünden zum Teil im Ausland. Das ist nicht nur bei Tiktok so, sondern auch bei Facebook oder Instagram.

Gleichzeitig wird in einer erstaunlichen Dialektik immer wieder von der Notwendigkeit berichtet, sich an der Mediennutzung der Menschen auszurichten und diese dort erreichen zu wollen, wo diese angeblich seien.

Diese Schmerzfreiheit ist gerade unter Werbern und Personalern häufig zu hören. Frage ich diese konkret nach KPIs²⁶ wird es immer sehr schnell sehr dünn. In allen mir persönlich bekannten Fällen beruhten Annahmen auf nicht von Dritten verifizierbaren Daten. Ausgestellt von denen, die mit einer Kampagne beauftragt worden sind. Da kann man auch morgens den Wolf fragen, wie viele Schafe er nachts gerissen hat - ist genauso praktisch und erspart einem das Zählen.

Auf welcher Seite der Geschichte stehen Sie?

In diesem Sinne,
Tomas Jakobs