14. Juli 2021, 08:30
Lesezeit: ca. 2 Min

Zum Eskapismus von IT-Entscheidern

Zwei Ereignisse der letzten Tage möchte ich kurz im Microblog rekapitulieren:

Das erste ist ein Gastbeitrag in der F.A.Z. von der Microsoft Deutschland Chefin Dr. Marianne Janik1. Ich musste zweimal die Autorenkennzeichnung prüfen, denn Ihre Message entspricht ganz und gar nicht dem, was die üblichen Windows-Jünger aus Fachhandel, IT-Consulting und Management von sich geben:

Für Nutzer – ob Unternehmen, Behörden oder Privatpersonen – wird künftig kaum ein Weg mehr an offener Software vorbeiführen.

Wow - das ist eine Bestätigung meiner Empfehlungen der vergangenen Jahre aus einer völlig unerwarteten Ecke.

Schon heute nutzen fast alle Open-Source, auch wenn sie sich dessen nicht bewusst sind. 96 Prozent der veröffentlichten Software-Anwendungen beinhalten einen Open-Source-Code (…)

Die Tektonik der IT-Welt verschiebt sich, Open-Source wird künftig nahezu überall sein. “Open-Source oder proprietär” ist keine Entscheidung mehr zwischen der einen oder der anderen Seite, beide bieten vielfältige Optionen.

Eine klare Grenzziehung zwischen offener und kommerzieller Software ist nahezu unmöglich geworden. Technologiekonzerne setzen auf Open-Source.

Wo Microsoft die Grenze zwischen offen und frei zieht bleibt undefiniert, die GNU-Freiheiten2 unerwähnt. Ein Verhaltensdaten sammelndes Unternehmen mit Produkten wie Graph3 interpretiert “Freiheit” meist in seinem eigenen Sinne. Unvergessen bleibt EEE4 aus vergangenen Tagen, mit der Microsoft unter dem Deckmantel von Freiheit, Auswahl und Wettbewerb so manche nicht genehme Technologie zerstörte.

Von diesen Details abgesehen sollte es aber den hartnäckigsten Windows-Jüngern und IT-Entscheidern in ihrem Eskapismus dämmern: Die Ära von Windows ist vorbei. Lest und begreift Eure Propheten!

Hier setze ich mit dem zweite Ereignis an, das von den meisten vermutlich unbemerkt geblieben ist. Vor wenigen Tagen hat Microsoft sein Common Base Linux “Mariner” auf den aktuellen Linux 5.1 Kernel aktualisiert5 und unter vorgehaltener Hand vorgestellt. Die Kommunikation an die Öffentlichkeit erfolgt über GitHub und durch Juan Manuel Rey, Senior Program Manager bei Microsoft für Azure6.

Yes, you read the title right. Hell is freezing because at Microsoft we have our own Linux distribution called Mariner.

Mariner ist das für die meisten unbekannte Microsoft-Betriebssystem hinter all den schönen Azure Cloud-Diensten. Selbstverständlich Open-Source, selbstverständlich Linux, selbstverständlich mit einem sauberen Paketmanagement (DNF) und immerhin unter MIT-Lizenz. Würde Microsoft seine Azure versuchen mit Windows zu betreiben, wäre es kaum wirtschaftlich und vor allem sicherheitstechnisch nutzbar.

Fun-Fact am Rande: Der Senior Azure Program Manager von Microsoft arbeitet nicht mit Windows und nutzt auch kein HyperV für seine virtuellen Maschinen, was an seinen Screenshots sofort deutlich wird.

In diesem Sinne,
Euer Tomas Jakobs

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